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sowie Custodes hominum (Wir grüßen die Beschützer der Menschen, unsere Schutzengel, Girolamo Chiti (1679 Siena - 1759 Rom) war Geistlicher, seit dem Jahr 1713 ist seine
zum Schutzengelfest, 2. Oktober) sind in der hier präsentierten Fassung – gleichsam Tätigkeit in Rom belegt. Nachdem er einige Jahre als Kapellmeister an der Kirche S. Maria
als Relikt – melodische Motive des gregorianischen Chorals eigen, im Übrigen stellen in Aquiro (Rione Colonna) gewirkt hatte, wurde er 1726 zum Leiter der Musikkapelle an
sie Strophenlieder mit volksliedhafter Struktur dar, vergleichbar einem kirchlichen der Basilika S. Giovanni in Laterano berufen. In dieser ehrenvollen Position, die allenfalls
Gemeindegesang. Die Orgel begleitet wiederum auf der Grundlage des notierten Basses von der Kapellmeisterstelle an St. Peter übertroffen wurde, verblieb Chiti bis an sein
als klanglich-metrische Stütze. Lebensende. Chiti ist Autor von ca. 3.000 geistlichen Kompositionen und von zahlreichen
musiktheoretischen Schriften. Er war Mitglied der Congregazione dei Musicisti di S. Cecilia
(Cäcilien-Bruderschaft der Musiker), zwischen 1720 und 1737 dreimal Guardiano della
Die Magnifikats im 8. Ton (in d) bzw. im 1. Ton (in G) von Girolamo Chiti sind Alternatim- sezione dei maestri (Sektionsvorsitzender der Kapellmeister), ferner Primo cappellano
Kompositionen. Die ungeraden Verse des Canticums Beatae Mariae Virginis (Lobgesang custode della Cappella Corsini (Erster Kustos-Kaplan der Corsini-Kapelle) an S. Giovanni
Marias, Text: Lukas 1, 46-55) trägt der Kantor oder die Schola vor. An Stelle der geraden in Laterano. Chiti, eine herausragende Persönlichkeit seiner Zeit, schenkte 1750 seine
Verse folgt jeweils ein Orgel-Versett. Chitis Versetten in beiden Magnificats sind freie umfangreiche Musikaliensammlung mit eigenen und fremden Werken an Kardinal Neri
Kompositionen, in der Tonart an den jeweiligen Kirchenton angepasst, musikalisch Maria Corsini. Dieser später Fondo Chiti genannte Schatz gelangte über die Biblioteca
verschiedenartig, effektvoll. Überliefert sind sie autograph aus dem Jahr 1740 in der Corsiniana an ihren heutigen Aufbewahrungsort, die Biblioteca dell’Accademia Nazionale
Biblioteca dell’Accademia Nazionale dei Lincei e Corsiniana zu Rom (Signatur Musica M dei Lincei e Corsiniana. Die Quelle für unsere Einspielung kommt also aus erster Hand.
24/4, siehe RISM-OPAC, Bibliothekssigel I-Rli), abermals als Partimenti. Im Gegensatz zum
Schriftbild der anonymen Messen liegen hier in der eigenhändigen Niederschrift des Gaetano Franzaroli (vor 1700 - nach 1756) kommt in der Reihe römischer Komponisten und
Komponisten mit grundsätzlich einzeiliger Notation seiner Versetten ziemlich genaue Organisten zur Zeit Johann Konrad Wörles eine Sonderstellung zu, denn er muss sicher
Anweisungen für deren Ausführung vor: Chiti schreibt überwiegend eine melodisch mit dem Orgelbauer näher bekannt gewesen sein, aus folgendem Grund: Wörle hatte
verlaufende Bass-Stimme, die er relativ dicht mit einer Generalbassbezifferung versieht. 1735 die Orgel von S. Maria Maddalena in Rom neu errichtet und wartete sie sein Leben
Aus der Struktur der Stimme zeichnet sich eine homophone oder polyphone Intention lang selbst. Eben diese Orgel, Wörles Opus mit größtem Renommee, spielte Gaetano
für den Satz ab. Imitatorisch gehaltene Abschnitte kennzeichnet Chiti einmal durch eine Franzaroli, um 1756 insbesondere an Festtagen. Eine zahlreiche Hörerschaft bewunderte
kurzfristige zweistimmige Notation, die auch die später einsetzende Stimme wiedergibt, ihn. Daher ist es unvorstellbar, dass der Orgelbauer und der Organist von S. Maria
meist aber durch die Verwendung wechselnder Notenschlüssel. Die Kunst des Organisten Maddalena sich nicht näher kannten oder wenigstens wiederholt begegneten. Einen
besteht darin, die Intention des Komponisten mehrstimmig umzusetzen, dabei mit Bericht, dass Franzaroli mit Wörles Orgel von S. Maria Maddalena eng vertraut war, ferner,
großer Satzkenntnis und nicht zuletzt eigener Phantasie reizvolle Musik entstehen zu dass Franzaroli von Jugend an ein hervorragender Organist gewesen sein soll, können
lassen, die überdies dem Textgehalt des zu repräsentierenden Verses gerecht wird. wir folgender Publikation von Pietro Tommaso Cacciari OCarm (1693-1768) entnehmen:
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