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Musikinstrumentenmuseum Rom verwahrtes Positiv. Wörle verbrachte, nach einer 1726/27   topisch floskelhaft, einen gewissen Stolz auf seine Provenienz und lässt zugleich eine
 belegten  Tätigkeit  im  Außerfern,  die  meiste  Zeit  (über  vierzig  Jahre)  seines  beruflich   Spur von Heimweh anklingen. Der Begriff „tirolische Nation“ steht im Sprachgebrauch
 sehr erfolgreichen Lebens in Rom. Sein Name wurde sukzessive italienisiert in Giovanni   des 18. Jahrhunderts für die Bevölkerung einer Region. Er wird verwendet außer Landes,
 Corrado Verlè. Wörle blieb ledig, er arbeitete bis kurz vor seinem Tod am 2. Dezember 1777.   wenn Handwerker, Künstler, Gelehrte öffentlich in Erscheinung  treten und sich in der
 Seine Wohn- und Arbeitsstätte hatte er in guter Lage in einem Palazzo eingerichtet, der   Fremde patriotisch geben. Die Stadt Vils gehörte von 1671 bis 1805 zwar zu Österreich,
 damals im Eigentum der Patrizierfamilie Spada stand; er existiert noch heute, mit im 19.   doch nicht zu Tirol. Erst 1816 wird Vils erstmals ein Teil von Tirol, wenngleich die Stadt
 Jahrhundert etwas modifiziertem Aussehen (Adresse: Piazza dell’Orologio 8, Rione Ponte).   während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Innsbrucker Behörden unterstand und
      in die staatliche Provinz Tirol integriert war, doch nur in administrativer Hinsicht. Auf den
 Am  Campo  Santo  Teutonico  fand  Johann  Konrad  Wörle  seine  letzte  Ruhestätte,   Signaturen seiner Instrumente ab dem Jahr 1744 fügte Wörle seinem Namen stets das
 denn  er  war  seit  8.  September  1731  Mitglied  der  Erzbruderschaft  zur  Schmerzhaften   Attribut „Germanus“ hinzu. Damit legte er, im Kontext der nachhaltigen Präsentation
 Muttergottes.  Diese  Bruderschaft  bildete  nicht  nur  für  die  nach  Rom  Zugewanderten   seiner  Meisterwerke,  selbstbewusst  seinen  Status  als  „deutsch“  bzw.  aus  einem
 eine in Grundanschauungen des Lebens gleich gesinnte, sondern vor allem auch eine   deutschsprachigen Land kommend offen.
 deutschsprachige Gemeinschaft, in deren häufigen Begegnungen nicht zuletzt für den
 Alltag  nützliche  Netzwerke  entstanden.  Wörle  blieb  der  Campo-Santo-Bruderschaft   Das  wichtigste  Ornament  auf Wörles  Grabplatte  ist  ein  Orgelprospekt,  wie  er  ihn  zu
 sein Leben lang aufs Engste verbunden. Bald nach seinem Eintritt gehörte er zu ihrem   Lebzeiten  mehrfach  für  seine  zwischen  den  Jahren  1756  und  1769  gebauten  Positive
 „weiteren  Vorstand“,  bis  zuletzt  bekleidete  er  verschiedene  Ämter,  darunter  für  zwei   gestaltete. Mit diesem Typus identifizierte Wörle sich und sein Werk wohl am meisten,
 Funktionsperioden  die  Leitungspositionen  des  Camerlengo  und  Guardiano.  Auf  dem   mit ihm wollte er sich der Nachwelt präsentieren. Das Modell dieses Prospekts entspricht
 Campo  Santo  ist  heute  noch  Wörles  Grabplatte  zu  sehen,  die  er  selbst  1766  hatte   auch demjenigen des Orgelpositivs aus dem Jahr 1744 im Oratorio del Crocifisso zu Rom.
 anfertigen lassen, ebenso der von ihm 1765 gestiftete Putto an der Friedhofswestwand.   Dieses für Johann Konrad Wörle sehr charakteristische und substanziell in vielerlei Hinsicht
 1765 hatte Wörle auch eine grundlegende bauliche Umgestaltung des Campo Santo samt   noch  originale  Instrument  haben  wir  für  unsere  exemplarische  Klangdokumentation
 der Errichtung der Kreuzwegstationen, wie wir sie in ihrer Anlage gegenwärtig kennen,   ausgewählt, um dem Vilser, heute natürlich auch Tiroler Meister in repräsentativer Weise
 initiiert und durchführen lassen.   ein erstes klingendes Denkmal seiner Kunstfertigkeit zu setzen. Dies geschieht in der
      Arbeitsintention des Instituts für Tiroler Musikforschung in Innsbruck, schriftliche und
 Im  Wortlaut  des  20  Zeilen  umfassenden  lateinischen  Textes  auf  seiner  Grabplatte,   klangliche Quellen zur Musikgeschichte Tirols – im weitesten Sinn – zu dokumentieren,
 gleichsam  seiner  Autobiographie,  bekennt  sich  Wörle  –  ebenso  korrekt  wie  seiner   eingeschlossen den Musikinstrumentenbau.
 eigenen innersten Befindlichkeit entsprechend – ausdrücklich als zur „tirolischen Nation“
 gehörig  („Ioannes  Conradus  Werle  Natione  Tirolensis“).  Dies  indiziert,  wenngleich
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