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Hildegard  Herrmann-Schneider  legte  2014  erstmals  in  deutscher  Sprache  eine   seine sakrale Funktion als Begleitinstrument zur Liturgie akzentuiert (CD 1), andererseits
 ausführliche Biographie Wörles und einen Werküberblick anhand von Primärquellen in   klingt  die  Aura  eines  profanen  Musizierbereichs  an  (CD  2).  In  abwechslungsreichen
 Italien und Tirol vor, samt deren Verzeichnis, mit über 80 Abbildungen („‚Con mio onore e   Kombinationen soll das reiche Klangspektrum der Orgel erlebbar werden.
 reputazione – un organo maestoso‘. Johann Konrad Wörle aus Vils als Giovanni Corrado
 Verlè und Meister der Orgelbaukunst in Rom“, in: In der Welt zuhause – in Vils daheim, hrsg.   Die Orgel wurde bei der CD-Aufnahme gespielt wie vorgefunden, lediglich von Orgelbauer
 v. Rupert Bader, Vils 2014, S. 101-208; als Separatum auch im Internet: www.musikland-tirol.  und  Restaurator  Daniel  Joseph  Taccini  (Rom)  kurz  vorher  frisch  gestimmt  (a1  =  420
 at). 2012 publizierte Florian Bassani „Beobachtungen zum sozio-kulturellen Umfeld eines   Hertz, bei 22°C, mitteltönig). Zuletzt hatte 1980 Alfredo Piccinelli, Orgelbauer in Padua,
 alpenländischen Orgelbauers im Rom des 18. Jahrhunderts“, worin er die Persönlichkeit   das Instrument restauriert, bevor es um das Jahr 2000 noch einmal von anderer Hand
 Wörles  detailliert  betrachtet,  unter  dem  Aspekt  von  dessen  Migration  (in:  Römische   überholt wurde.
 historische Mitteilungen 54 (2012), S. 247-377). In beiden Veröffentlichungen zusammen
 finden sich ausführlich Fakten, Nachweise und Reflexionen zu Wörles Leben und Werk.   Musikinstrumente waren früher durchwegs Gebrauchsgegenstände für den Alltag, damit
      auch einem Wandel von Klangidealen und technischer Konstruktion unterworfen. Dies
 Das Oratorio del Crocifisso zu Rom, der prachtvolle, kontinuierliche Standort von Wörles   hatte Modernisierungen, Veränderungen entsprechend dem jeweiligen Zeitgeschmack
 Meisterstück  aus  dem  Jahr  1744,  wird  zum  Beispiel  von  Paolo  Mancini  und  Giuseppe   zur  Folge.  Hiervon  blieb  auch  die  Wörle-Orgel  im  Oratorio  del  Corcifisso  nicht  ganz
 Scarfone näher beschrieben: L’Oratorio del SS.mo Crocifisso (Rom: 2., aktualisierte Ausgabe   verschont,  doch  überdauerte  hier  die  wesentliche  bauliche  Grundsubstanz  zu  einem
 o. J., 1. Auflage 1975).   ungewöhnlich hohen Anteil. Dies erschien uns als hinreichende Rechtfertigung, den Klang
      eines für den Vilser Orgelmacher tatsächlich repräsentativen Instruments akustisch und
 Auf der website des Instituts für Tiroler Musikforschung (www.musikland-tirol.at) ist ein   dauerhaft verfügbar zu dokumentieren, ihn zumindest erahnen zu lassen, so, wie eben
 reich  bebilderter  Bericht  von  Quintilio  Palozzi  verfügbar:  Roma.  Oratorio  del  Crocifisso.   gegenwärtig möglich. Zum einen wird das in diesem Positiv vor weit über zweieinhalb
 Organo Johannes Conradus Verlè 1744. Relazione (2012/14).   Jahrhunderten angelegte Klangideal Wörles noch immer genau beibehalten durch die
      Tatsache  des  stets  gleich  gebliebenen  Standorts,  zum  anderen  ist  der „authentische“
      Klang  eines  Musikinstruments  generell  nur  bedingt  bzw.  in  einer  mehr  oder  weniger
 Zum Klangporträt der Wörle-Orgel  großen Annäherung an diesen zu erzielen: zu viele variable Parameter sind daran beteiligt,
      wie ein Musikinstrument in einem bestimmten Augenblick zur Geltung gelangt.
 Für die weitgefasste klangliche Präsentation von Johann Konrad Wörles Orgelpositiv auf
 vorliegender CD-Edition wurden Musikbeispiele ausgewählt, die das Instrument in seinem   Das von uns ausgesuchte Repertoire könnte durchaus auf der einen oder anderen Wörle-
 aktuellen Zustand eindrucksvoll und vielschichtig hörbar werden lassen. Einerseits wird   Orgel erklungen sein. Besondere Berücksichtigung bei der Zusammenstellung erfuhren
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