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Della vita virtù e doni sopranaturali del venerabile servo di Dio P. Angiolo Paoli Carmelitano von Stefano Giansimone, siehe Exemplar in der Biblioteca del liceo musicale di Bologna).
[(1642-1720)] dell’Antica Osservanza. Libri III. Con un appendice de’Miracoli […], Rom 1756, Das Jahr 1737 brachte für Franzaroli aber auch eine berufliche Veränderung: Die Kapelle
Seite 322-324. Eine der Wundertaten des P. Angiolo Paoli OCarm – er wurde immerhin im von S. Spirito in Sassia wurde aufgelöst, er damit entlassen. Den nächsten Nachweis
Jahr 2010 selig gesprochen – steht im Zusammenhang mit Gaetano Franzaroli. Franzaroli für seine Tätigkeit finden wir in der Legende zu einer Zeichnung, die 1743 der römische
soll als Knabe in Rom aus dem Stegreif einen Sänger an der Orgel begleitet haben, Maler, Zeichner und Karikaturist Pier Leone Ghezzi (1674 Rom – 1755 ebd.) fertigte. Das
ursprünglich gegen dessen Willen, weil dieser am Können des jungen Spielers zweifelte. Ganzporträt zeigt Franzaroli, auf einem Stuhl sitzend, als Musiklehrer zweier Mädchen.
Doch P. Angiolo Paoli vertraute Gaetanos Fähigkeiten und richtete überdies ein Gebet Die Bildunterschrift weist ihn aus als außerordentlich fähigen Organisten, u. a. von
zum Himmel für das Gelingen des Vorhabens. Das Ergebnis war, dass der Sänger nachgab S. Maria Maddalena, als Komponisten, Pädagogen mit großer Schülerzahl, vor allem auch
und schließlich ausrief: „Gaetano mio, quanto sei bravo […]! Tu a gloria di Dio, sei ora il als unvergleichlichen Spieler von Capriccios („per sonar di capriccio non ha l’eguale“; Zitat
più celebre suonatore che abbia l’Europa (Mein Kajetan, wie bist du großartig […]! Du zur nach Giancarlo Rostirolla, Il “Mondo novo” musicale di Pier Leone Ghezzi, Mailand 2001, S.
Ehre Gottes, jetzt bist du der größte [Orgel-] Spieler Europas)“. Das wundersame Ereignis 376; Abbildung des Porträts ebd. Nr. 261).
muss sich zwischen den Jahren 1687, als P. Angiolo Paoli nach Rom kam und 1720, als er
hier starb, abgespielt haben. Folglich liegen auch innerhalb dieser Jahrzehnte Franzarolis Aufgrund dieser Schilderung der Persönlichkeit Franzarolis aus kompetenter
Jugendjahre. Laut Cacciari (Seite 322) soll Franzaroli schon sehr jung Musikunterricht bei zeitgenössischer Sicht führen die drei Arpeggio bzw. Basso betitelten Stücke (CD 2, Track
den „sehr berühmten“ Orgellehrern Giovanni Verterchi und Biagio Scacci gehabt haben. 2-4) den Komponisten, Organisten und Experten an Wörles Meisterinstrument von
Allerdings bedürfen diese Personen noch der Identifizierung unsererseits. S. Maria Maddalena sowie Pädagogen archetypisch vor. Sie sind in einer zweifelsohne
italienischen, kalligraphischen Sammelhandschrift des 18. Jahrhunderts mit 83
Bisher kennen wir weder den Geburts- noch den Sterbeort Franzarolis, nicht einmal Übungsstücken Franzarolis überliefert, im Eigentum der Santini-Bibliothek zu Münster,
die Jahreszahlen dazu. Fest steht, dass er im Jahr 1700 in Rom Mitglied der Cäcilien- heute verwahrt in der Diözesanbibliothek Münster (Signatur SANT Hs 1540, siehe RISM-
Bruderschaft wurde. Nachdem ein solcher Beitritt für Kirchenmusiker in Rom OPAC, Bibliothekssigel D-MÜs). Der römische Geistliche Fortunato Santini (1778-1861)
obligatorisch war, muss Franzaroli damals bereits im kirchlichen Musikdienst gestanden hatte eine Sammlung erlesener Titel mit italienischer Musik zusammengetragen, die
haben. Von 1700 bis 1709 war auch ein Ferdinando Franzaroli Mitglied der Vereinigung, ob sich seit 1862 in Münster befindet. Obgleich Franzarolis Partimenti mit Bassi Per Bene
er vielleicht der Vater oder ein anderer Verwandter von Gaetano war, ist offen. Ab Mai 1716 Accompagnare Al Cembalo bezeichnet sind, können sie ebenso auf der Orgel gespielt
wirkte Gaetano Franzaroli nachweislich als Organist von S. Spirito in Sassia (Rione Borgo). werden, denn im 18. Jahrhundert sind Tasteninstrumente untereinander austauschbar,
1737 ist er an dieser Kirche nicht nur als Organist, sondern auch als Komponist belegt. soweit es die Faktur der Stücke und des verfügbaren Instruments zulässt. Die beiden
Dies zeigt folgender Titel eines Librettos: S. Tomaso d’Aquino. Cantata a quattro voci posta Arpeggio-Stücke sind zweiteilig. Sie beginnen im Stil eines Präludiums. Unmittelbar
in musica dal Sig. Gaetano Franzaroli, organista di S. Spirito in Sassia […], Rom 1737 (Text anschließend folgt eine Fuge, die allerdings nicht verbal als solche benannt ist. Erneut
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