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liegt nur eine Gerüstnotation vor, lange Passagen machen einen liegenden bezifferten   1753 hielt er sich in Rom auf. Möglicherweise könnten Martini und Wörle als Kapazitäten
 Bass  aus.  Somit  versteht  sich  die  Bezeichnung  Arpeggio  als  Anweisung,  die Töne  der   auf  einander  getroffen  haben,  zumindest  dürften  sie  von  einander  gewusst  haben.
 Akkorde in den gebotenen Harmonien nicht gleichzeitig anzuschlagen, sondern mehr   Der Padre komponierte hauptsächlich Sakralwerke. Seine sechs Sonaten für Orgel oder
 oder weniger schnell nacheinander zu spielen.   Cembalo opus 3 erschienen eben im Jahr seiner ersten Rom-Reise. Die Nummer 6 davon
      umfasst  zwei  kontrastreiche  Sätze  in  C-Dur.  Auf  einen  langsamen,  doch  durch  seine
 Pier Leone Ghezzi hatte Gaetano Franzaroli bereits 1737 karikaturistisch porträtiert: Der   ausgeprägten Spielfiguren allenfalls gemächlich wirkenden ersten Satz im geraden Takt
 Virtuose ist bekleidet mit einem Überwurf und birettartiger Kopfbedeckung. Er steht, die   folgt ein schneller, harmonisch abwechslungsreicher Satz im ungeraden Takt.
 Hände in delikater Spielhaltung, vor einem Cembalo, mit dem Rücken zum Bildbetrachter
 (Abb. bei Rostirolla 2001, Nr. 180).   Auch die Sonaten von Lorenzo De Rossi haben jeweils zwei Sätze Langsam-Schnell in
      der gleichen Tonart. Doch ist jeder Satz für sich zweiteilig, der jeweils zweite Teil beginnt
 Weitere Indizien sprechen für eine Bekanntschaft, vielleicht sogar für eine Kongenialität   wieder mit dem Thema von Teil 1, jetzt auf der Dominante. Motive werden miteinander
 von Gaetano Franzaroli und Johann Konrad Wörle. Sie rühren erneut von gemeinsamen   geschickt kombiniert. Auffallend sind in den ersten Sätzen die kontinuierlichen Alberti-
 Wirkungsorten der beiden her. Um 1741/42 baute Wörle ein (nicht erhaltenes) Positiv mit   Bässe: Die Melodie in der rechten Hand wird von der linken Hand mit Akkordbrechungen
 10 Registern für das römische Mädchenpensionat Conservatorio delle Zitelle di S. Giovanni   begleitet.  Die  zweiten  Sätze  mögen  Assoziationen  an  musikalische  Gattungen  wie
 in Laterano. Franzaroli widmete dieser Institution ein Alma redemptoris mater für zwei   Präludium oder Capriccio wecken. De Rossis galante Spielstücke erinnern an Cembalo-
 Soprane und Basso continuo (handschriftlich überliefert in einer Kopie aus der ersten   Sonaten von Domenico Scarlatti (1685-1757).
 Hälfte des 19. Jahrhunderts mit römischer Provenienz in der Bayerischen Staatsbibliothek
 München, siehe RISM-OPAC). 1754 war Franzaroli an der Erstellung eines Gutachtens über   Lorenzo De Rossi (1720 Rom - 1794 ebd.) war Geistlicher, Kapellmeister, Sänger in Rom
 die erst 1747-1749 von Celestino Testa OSB gebaute Orgel von S. Eustachio in Rom (Rione   und des Spiels von Tasteninstrumenten kundig. Details zu seinem Leben und Wirken sind
 S. Eustachio) beteiligt. Schließlich kam es 1767 durch Wörle zu einem essenziellen, für ihn   bislang unbekannt. Dass er aber seinerzeit zu den wichtigsten Musikerpersönlichkeiten
 heute noch repräsentativen Umbau dieses Instruments.  Roms gerechnet wurde, bezeugt eine Sammelhandschrift mit Sonaten von ihm in der
      Santini-Bibliothek  Münster  (vgl.  oben  Seite  21).  Abschriften  von  seinen  Sonaten  für
 Giovanni Battista Martini (1706 Bologna - 1784 ebd.), genannt Padre Martini, war in Bologna   Cembalo (Orgel) haben sich in vielen Archiven Europas erhalten, in Italien auch einige
 Franziskanerminorit,  Priester,  Organist,  Kapellmeister,  Komponist,  Musikpädagoge,   Vokalstücke mit kleiner solistischer Besetzung und Orgel bzw. Basso continuo. Ob der
 Musiktheoretiker,  Musikhistoriker.  In  Fragen  der  kontrapunktischen  Komposition  galt   englische  Musikhistoriker  und  Organist  Charles  Burney  (1726-1814)  bei  seinem  Rom-
 er als erste Autorität, zu seinen vielen, später sehr angesehenen Schülern zählten unter   Aufenthalt  1770  Abate  Rossi  Romano  persönlich  traf  oder  nur  von  fern  zur  Kenntnis
 anderem Johann Christian Bach und Wolfgang Amadé Mozart. In den Jahren 1747 und   nahm,  wissen  wir  nicht.  Er  notierte  allerdings  über  ihn: „Man  hält  den  Abt  Rossi  für
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