Das Inventar an Musikinstrumenten des Ferdinandeums umfasst an die 400 Nummern, wobei die mehr als 200 Maienpfeifen unter einer Nummer zusammengefasst sind. Der Bestand enthält nahezu alle Gattungen an Musikinstrumenten von urtümlichen Vorformen wie Tierhörnern oder einfach hergestellten Lärmgeräten, die im Brauchtum verwendet wurden, wie die sog. "Krapfenschnapper" aus Osttirol, bis zu den herrlichen Meisterinstrumenten Jakob Stainers. Die Sammlung umfasst Mautrommeln unterschiedlicher Formate mit dazugehörigen Behältern ebenso wie Glocken, Schellen und Rollen, die sowohl im Weidebetrieb wie im Brauchtum verwendet wurden.
Ein "Vogelörgelchen" zum Abrichten von Kanarienvögeln, das vor allem in der Oberinntaler Gemeinde Imst große Tradition hatte, die in der Operette "Der Vogelhändler" von Karl Millöcker thematisiert ist, ist ebenso dokumentiert wie ein "Hölzernes G'lachter" (eine mit je 12 abgestimmten Brettchen aus Fichtenholz, mit einer Schnur zusammengehaltenen und auf zwei seitlich liegenden Strohwülsten befestigten Vorform des Xylophon), mit dem die Zillertaler Nationalsängergesellschaft Franz Rainer durch die Welt zog.
Eine Attraktion ist der Schellenbaum "Glögglhut", der besonders im frühen 19. Jahrhundert zu einem repräsentativen Bestandteil einer Tiroler Musikkapelle gehörte. Sein Ursprung geht auf die Kapellen der türkischen Janitscharenregimenter zurück. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gehörte der Schellenbaum schon zum festen Bestandteil einer "Türkischen Musik" in der Österreichischen Regimentskapelle, wo er zusammen mit den Tschinellen und der Großen Trommel die Rhythmusgruppe bildete. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts ist der Schellenbaum allmählich abgekommen. Vermutlich aus einer österreichischen Militärkapelle stammt auch der "Glögglhut" des Ferdinandeums, wie der am Instrument angebrachte Doppeladler nahe legt. Der Schellenbaum besteht aus einem größeren und kleineren eisernen Kranz mit Glöckchen in mehreren Größen. Die darüber befestigte nach oben blickende Mondsichel erinnert an die türkische Provenienz des Instruments.
Tirol gilt vielfach als ein Land der Blasmusik, und es ist ja auch bezeichnend dafür, dass es mehr Musikkapellen im Lande gibt als Gemeinden. Diese Tradition hat zwei Wurzeln. Zum einem entwickelte sich die Blaskapelle in der heutigen Form aus den kleinen Einheiten von Trommlern und Pfeifern, die die Soldaten begleiteten und ihren Marschrhythmus bestimmten.
Die von den Pfeifern verwendete Querflöte wurde in Tirol aber bald als "Schwegelpfeife" auch ein beliebtes Volksmusikinstrument. Schon Anfang des 19. Jahrhunderts konnte ein Reiseschriftsteller berichten, dass die Schwegelpfeife " fast in jeder Alphütte, insbesondere des Zillertales" zu finden ist. Aber auch in der Tradition der Schützen blieb das ursprüngliche Paar Trommler und Schwegler noch im 19. Jahrhundert vielfach präsent, obwohl sich aus diesem historischen Kern zumeist schon die bereits stattlich besetzten Musikkapellen herausgebildet hatten.
Die Sammlung der Musikinstrumente enthält insbesondere auch eine Reihe von Trommeln, die teilweise Beutestücke aus den Befreiungskämpfen darstellen, so z.B. zwei bayerische und eine sächsische Militärtrommel neben Tiroler Schützentrommeln aus derselben Zeit.
Die andere Wurzel unserer heutigen Blaskapellen ist die Pfarrmusik, die in vielen Tiroler Orten eine beachtliche Qualität erreichte. Davon zeugt die Mannigfaltigkeit der überlieferten Instrumente ebenso, wie die erhaltenen Musikalien und zahlreiche archivalische Berichte.
Zwei Trompeten |
Kesselpauken aus Stift Stams, um 1780 |
Neujahranblasen der Musikapelle Steinegg/Karneid in Südtirol, um 1980, Foto: Hans Rottensteiner
Diese "Hifthörner" waren ein einfaches leicht gekrümmtes Horn vom Wisent, Auerochsen oder Rind. Später wurden diese Jagdhörner aus Rinde, Holz, Leder oder Metall hergestellt. Sie konnten nur einen Ton hervorbringen, der aber vielfältig rhythmisch differenziert werden konnte und so die verschiedenen Jagdsignale ausdrückte. Ein Prachtinstrument dieser Gattung ist das aus Messing geformte und mit braunem Leder überzogene Jagdhorn des Ferdinandeums aus dem 16. Jahrhundert.
Signalzwecken dienten auch die Pillhörner oder Rufhörner, die im Südtiroler Sarntal bis in die unmittelbare Gegenwart als "Wald-" oder "Strebtuter" bekannt und teilweise sogar noch in Gebrauch waren. Das Alphorn war einst in allen Landesteilen vor allem als Signalinstrument der Alphirten verbreitet.
Zwei Alphörner | |
"Brücke bei Cortina di Ampezzo", | |
Hirten mit Alphorn aus einer Papierkrippe | |
Alphorn, Oberinntal |
Zu den höher entwickelten Volksmusikinstrumenten zählen die Drehleier und der Dudelsack. Ursprünglich war die Radleier ein dignitätvolles Instrument in den Händen von Engeln und Heiligen, ist aber bald in seiner Bewertung abgesunken zu einer "Bauren- und umblaufende Weiber-Leyer" (Michael Praetorius, 1618). Mit dem Aufkommen der höfischen Schäferidylle im 18. Jahrhundert wurden Radleier und Dudelsack wieder beliebt und gesellschaftsfähig, so dass sogar der große Haydn für die Radleier Konzerte schrieb, die dem König von Neapel gewidmet sind. Aus dieser Zeit stammt auch die Radleier der Sammlung des Ferdinandeums, deren Korpus nach altertümlichem Gambenmodell geformt ist. Die Radleier ist ein mechanisches Streichinstrument. Der streichende Bogen ist ein mit Kolophonium eingelassenes Kurbelrad, während die die Saiten verkürzenden Finger von Stoßtangenten ersetzt sind. Neben den meist doppelten, im Einklang gestimmten Melodiesaiten, hat das Instrument noch weitere tiefe Bordunsaiten, die dudelsackähnliche Orgelpunkte halten. Die Drehleier besitzt einen näselnden, scharfen und starren Klang voller Eindringlichkeit und Wehmut und war vielleicht auch darum besonders als Bettelinstrument geeignet, zu dem es im 19. Jahrhundert wiederum abgesunken ist. Im Erwerbungsbuch des Ferdinandeums aus dem Jahr 1893 ist die Herkunft des Instruments mit "Bauernleier aus dem Zillerthal" beschrieben.
Von den technisch hochwertigen Volksmusikinstrumenten sind in Tirol besonders die Zither, die Harfe und das Hackbrett beliebt und auch gegenwärtig noch vielfach in Gebrauch. Die Tiroler Bauerharfen sind diatonisch und gewöhnlich in Es-Dur gestimmt, haben 36 Saiten und 7 Pedale. Einer der besten Harfenbauer im 20. Jahrhundert war Joseph Bradl in Brixlegg. Im 19. Jahrhundert stellte neben Johann Fritz in Innsbruck auch Jakob Schrott Bauernharfen her. Simon Kreutner, ein Bauer und Bastler in Hart im Zillertal machte bis zum kurz vor dem ersten Weltkrieg neben anderen Volksmusikinstrumenten auch Harfen. Die wenigen erhaltenen Harfen des Ferdinandeums stammen mehrheitlich aus dem Zillertal.
Eine davon ist mit 1844 datiert. Auf einem beigefügten Zettel ist ferner vermerkt: "Harfe aus Finsing bei Uderns im Zillertal, wo sie von einer alten schwerhörigen Frau gekauft wurde, welche nach ihrer Angabe damit mehr als 50 Jahre bei Hochzeiten und anderen Festlichkeiten aufgespielt hatte."
Bauernharfe aus Finsing im Zillertal, |
Die Volksharfe ist in der Tiroler Volksmusik überaus beliebt, besonders im Unterland und wird gegenwärtig noch in Kitzbühel, Ebbs, Thiersee, Münster, Schwaz und Lienz gebaut.
Ebbser Anklöpfler 1926
Während die Tradition des volkstümlichen Harfenspiels in Tirol anscheinend erst nach 1800 seinen Anfang genommen hat, ist die Zither in Tirol schon wesentlich früher nachgewiesen. Eine der ältesten erhaltenen Zithern stammt aus der Gegend von Brixen, Südtirol und trägt die Jahreszahl 1675. In der Form eines langen Rechtecks, hatte sie zwei Spiel- und zwei Begleitsaiten und ein besonderes Griffbrett mit 14 Bünden. Sie ist beschrieben von G. Kinsky im Katalog des Musikhistorischen Museums von W. Heyer in Köln. Diese Zither ist gewissermaßen die Vorform des "Raffele", das vor allem in der Gegend von Meran und im Passeiertal bekannt war. Die Sammlung des Ferdinandeums besitzt zwei solcher Schlagzithern, wobei mit der linken Hand des Spielers die Melodie gegriffen wird, während die rechte Hand mit einem Plektron aus Holz oder Horn in rascher Tremolobewegung der Ton erzeugt. Beide Instrumente haben zwei Griffbrett- und sechs Begleitsaiten.
Dass auch das Hackbrett in Tirol überaus bekannt und verbreitet war, belegen neben einigen erhaltenen Instrumenten zahlreiche Abbildungen. Vor allem der großartige Tiroler Genremaler Placidus Altmutter hat wiederholt ein mit Geige, Schwegel, Bassettl (ein kleiner Bass, der zuweilen mit einem Riemen versehen war und so auch im Gehen gespielt werden konnte) und Hackbrett besetztes Volksmusikensemble dargestellt, dass mit Sicherheit den realen Gegebenheiten entsprochen hat.
Placidus Altmutter, Bauerntanz, |
Kleines Hackbrett, |
Sigmund von Perger, |
Mittelgroßes Hackbrett aus dem Pustertal, |
Placidus Altmutter, Hochzeitszug, um 1815, Fresko im "Altmutterzimmer" der Innsbrucker Hofburg. Die Instrumente Schwegel, Geige, Hackbrett und Bassettl werden im Gehen gespielt
Geigenmusik Familie Haupold in St. Martin in Passeier, Foto, 1921 Alle Familienmitglieder spielten ein Streichinstrument. Sie stellten die Kirchenmusik ebenso wie die Tanzkapelle und wirkten im Brauchtum, z.B. beim Neujahransingen, mit.
Streichinstrumente in volksmusikalischer Tradition des Spiels und vielfach auch der Herstellung waren in Tirol vor allem im Passeiertal, im Zillertal und im Osttiroler Iseltal gebräuchlich.