Weitere Preziosa der Sammlung

Zu den schönsten Musikinstrumenten der Sammlung zählt die als Violoncello umgebaute Viola da gamba von Domenico Russo aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Es gibt weltweit nur noch ein sehr ähnlich geformtes Schwesterinstrument von der Hand dieses Meisters im Ashmolaen Museum in Oxford. Zusammen sind sie die einzigen Zeugnisse für die große Kunst Domenico Russos.

Dominico Russo, Viola da gamba,
als Violoncello umgearbeitet,
vermutlich Brescia,
Mitte 16. Jahrhundert
Inv.-Nr. 97
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Das vermutlich aus Brescia stammende Instrument ist kunstvoll mit Verzierungen geschmückt. Am Ende des Wirbelkastens befindet sich ein fein geschnitzter Faunkopf. Die Zargen sind nach Brescianer Weise mit einem Holzstreifen belegt. Der Boden aus Kastanienholz ist nach Gambenart flach. Unter dem Griffbrett befindet sich ein schön gegitterter Dachstern. Griffbrett und Saitenhalter sind mit Blumengewinden in Buchsbaum-Intarsia verziert. Die Decke ist rundherum mit zehn quadratischen Feldern aus verschiedenfarbigem Elfenbein in Florentiner Mosaik eingelegt, ein elftes Quadrat sitzt in der Mitte zwischen Griffbrett und Saitenhalter. Nach der ganzen Bauart und nach dem Schnitt der Schalllöcher gehört das Instrument noch dem 16. Jahrhundert an, nur das verhältnismäßig schmale Griffbrett mit seinen Intarsien und der Saitenhalter stammen aus einer späteren Zeit.

Johann Georg Plazer (1704-1761), Musikalische Unterhaltung (Detail), um 1740; Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Inv.-Nr. Gem 210

Ebenfalls nicht in einer lokalen Instrumentensammlung würde man eine Gitarre des 17. Jahrhunderts aus Rom vermuten. Dieses prachtvoll verzierte, eher zierliche Instrument ist handschriftlich mit "Ciacomo Ertle" signiert. Von diesem Meister sind bislang keine Daten zu seiner Biographie bekannt geworden. Möglicherweise stammt er wie viele in Italien tätigen Instrumentenbauer aus dem Füssener Raum. Eine sehr ähnliche, Ertel aber lediglich zugeschriebene Gitarre, datiert mit 1690, befindet sich in der Sammlung des Museum of Fine Arts in Boston.

Jakob Ertel, Gitarre,
Rom, um 1690
Inv.-Nr. 1
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Johann Fritz, Gitarren, Innsbruck, um 1820; Inv.-Nr. 92, 292, 333

In Bezug auf Gitarren hat der Tiroler Instrumentenbau eine Sonderform hervorgebracht: Die Gitarre in "Innsbrucker Form". Dieser Typus wurde von dem in Innsbruck tätigen Johann Fritz im frühen 19. Jahrhundert entwickelt. Die vier in unserer Sammlung erhaltenen Gitarren aus seiner Werkstatt sind alle spielbar und voll faszinierend intimer, aber weit gefächerter Klangfarbe, und es verwundert, dass diese Form, obgleich ihrer klanglichen Vorzüge, ohne Nachahmer geblieben ist.

Johann Fritz, Gitarren, Innsbruck, um 1820
Inv.-Nr. 92, 292, 333
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Möglicherweise noch aus der Zeit der berühmten Innsbrucker Hofkapelle Erzherzog Ferdinands von Tirol aus dem späten 16. Jahrhunderts haben sich in der Sammlung zwei Blasinstrumente erhalten. Die große Instrumentensammlung Ferdinands auf Schloss Ambras, wurde allerdings schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach Wien gebracht, so dass diese Diskantpommer und die schöne Tenorblockflöte vermutlich die einzigen Klangwerkzeuge aus dieser Glanzzeit der Tiroler Musikgeschichte in Innsbruck repräsentieren.

Hofmusiker mit Pommer, Schalmei und Posaune
aus der Kapelle Erzherzog Ferdinands von Tirol,
aus Lienhard Flexels "Lobspruch deß fürstlichen
Freischießens zu Inßbruck", 1569

Diskant-Pommer, um 1590
Inv.-Nr. 4

Tenorblockflöte, um 1590
Inv.-Nr. 21
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Prachtvolle Zeugnisse aus Füssener Tradition sind Instrumente von Paul Alletsee, der vorwiegend in München wirkte und dessen eindruckvoller Kontrabass aus der Pfarrkirche in Lienz bereits 1907 in weitgehend ursprünglichem Zustand mit originalem Hals, Wirbelkasten und Löwenkopf für die Sammlung des Ferdinandeums erworben wurde; ferner Instrumente von Jakob Rauch (1680c-1765) und Matthias Grießer (1700c-1784). Jakob Rauch war von 1707 bis 1717 als "Hof-Lauten- und Geigenmacher" in Innsbruck tätig. In der Sammlung des Ferdinandeums zeugen von seinem Kunsthandwerk der Innsbrucker Jahre eine formschöne Viola und ein Kontrabass. Die Viola war im Urzustand eine Viola d'amore, deren eigenwilliger Klang offensichtlich nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprach. So wurde sie als klanglich nicht mehr aktuell in die neue Form umgestaltet.
Mattias Grießer betrieb von 1726 bis zu seinem Tod 1784 in Innsbruck eine Werkstätte als Lauten- und Geigenmacher. Neben einer Viola d'amore im Instrumenten-Museum des Lyceo filarmonico in Bologna gehört das bereits 1727 entstandene Violoncello piccolo zu den wenigen erhaltenen gebliebenen Instrumenten seiner doch sehr langen Wirkungszeit. Dieses Frühwerk ist glücklicherweise vielfach in Originalteilen überliefert. So entsprechen insbesondere der Hals, der Wirbelkasten und der schön gearbeitet Löwenkopf dem ursprünglichen Zustand. Wahrscheinlich ist das bei der C-Saite wellenförmig vertiefte Griffbrett ebenfalls original. Schon ganz der Tiroler Tradition entspricht die etwas steile Form der F-Löcher. Von der handwerklichen Qualität zeugen auch die allgemein gut gearbeiteten Einlagen.

Paul Alletsee, Kleiner Kontrabass,
München 1733
Inv.-Nr. 63
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Jakob Rauch,
Kontrabass, Innsbruck 1713
Inv.-Nr. 272
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Jakob Rauch,
Kontrabass, Innsbruck 1713
Inv.-Nr. 272

Jakob Rauch, Viola,
umgebaut aus einer Viola d'amore,
Innsbruck 1716
Inv.-Nr. 170

Matthias Grießer,
Violoncello piccolo,
Innsbruck 1727 Inv.-Nr. 96
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Anonymer Füssener Meister (?),
Halbbass (Bassettl),
Mitte 17. Jahrhundert
erworben 1910 in Fulpmes
Inv.-Nr. 85

Lautenkasten aus dem 17. Jahrhundert, zu der abhanden gekommenen Laute von Dierich Bochem, Köln 1651, gehörig Inv.-Nr. 54

Zu den Preziosa zu zählen ist ferner ein Lautenkasten aus dem 17. Jahrhundert, zumal er zu einer Laute Dierich Bochems, Köln 1651, gehörte. Die Laute selbst, eine der ganz seltenen überlieferten Belege für das Kunsthandwerk des Stammvaters der Kölner Lautenmacherfamilie ist leider nach 1917 abhanden gekommen. Ein wenig ersetzen kann diesen Verlust die schöne Laute des Wiener Instrumentenbauers Michael Andreas Partl (1704-1788), die 1747 gebaut wurde.

Michael Andreas Partl,
Laute, Wien 1747
Inv.-Nr. 128
Detail

Johann Georg Plazer (1704-1761), Musizierendes Paar, um 1750, Original unbekannt; Foto: Institut für Kunstgeschichte der Universität Innsbruck

Das Trumscheit (Tromba marina) ist ein Kuriosum der Musikinstrumente. Weil in Klöstern strenge Klausur herrschte und das Trompetenspiel den Männern vorgehalten war, wurde dieses eigentümliche Instrument, das ursprünglich auch in der höfischen Musikpraxis, besonders in Frankreich, eine Rolle spielte, vor allem in Frauenklöstern zur Aufführung feierlicher Kirchenmusik gespielt; darum erhielt das Instrument auch die Bezeichnung "Nonnentrompete". Aufgrund der Bauart mit dem lang gestreckten Korpus, über den nur eine, jeweils im Flageolett gespielte Saite gespannt ist, die über einem asymmetrischen Steg verläuft, ist es möglich, einen kräftigen schnarrenden Ton hervorzubringen, der dem Trompetenklang sehr ähnlich ist. Das vermutlich aus einem Tiroler Frauenkloster stammende Instrument gehört zu den seltenen Beispielen seiner Art.

Engel mit Trumscheit auf der
Votivtafel des Johann Austrunk
aus Kloster Allerengelberg/Südtirol, um 1390
Städtisches Museum Bozen
Inv.-Nr. M 236/P 44

Trumscheit (Tromba marina),
angeblich aus einem Tiroler Frauenkloster,
um 1720
Inv.-Nr. 5
Detail

Leonhard von Call (1767-1815)
Trios pour 3 Flutes ou 3 Czakans
Allegro des ersten Trios der Stimme für den 1. Czakan
Abschrift (um 1820) aus dem Stift Heiligenkreuz

Czakan, Blockflöte
in Form eines Spazierstocks
um 1800
Inv.-Nr. 172
Detail

Johann Poppel, Stams, um 1840, Stahlstich in Privatbesitz, Stams

Kuriosa sind auch Stockflöten, nach ihrem böhmischen Ursprung "Czakane" genannt und Stockgeigen. Die Instrumentensammlung besitzt mehrere Stockflöten des frühen 19. Jahrhunderts aus Stift Stams. Diese schönen aus Buchsbaumholz gebauten und mit Bein und Messingringen versehenen Stockflöten wurden tatsächlich auch als Spazierstöcke verwendet.

Die Stockgeige, ebenfalls aus dem frühen 19. Jahrhundert, wurde 1909 mit dem Vermerk "aus Zell am Ziller" erworben. Das Zillertal war zwar ein Zentrum des volksmusikalischen Geigenspiels. Mancher der Spieler hatte sich sein Instrument selbst gebaut, aber diese zierliche, sicherlich professionell hergestellte Stockgeige wird kaum im Zillertal hergestellt worden sein. Es ist aber wahrscheinlich, dass sie von einer der reisenden Zillertaler Nationalsängergruppen erworben wurde und so nach Tirol gekommen ist. Die in der Mitte des 18. Jahrhunderts in St. Petersburg erfundene Stockgeige war hauptsächlich in Deutschland beliebt als Spazierstock mit eingebauter Tanzmeistergeige (Pochette), die durch Abnehmen des Griffes und eines Stücks der Stockwandung frei gelegt wurde. Der Verschluss erfolgt durch einen Beinring. Im Hohlraum unterhalb der Saiten (Resonanzkasten) ist ein 610 mm langer Bogen untergebracht. Der Steg, ein nicht durchbrochenes, schwarz gefärbtes Holzklötzchen, ist unter das Griffbrett hineinzuschieben, wenn der Deckel geschlossen wird.

Stockgeige,
um 1820
Inv.-Nr. 78