Die drei Klaviere

Josef Gröber, Altes Haus am Innrain, Aquarell, um 1850. In diesem Haus befand sich die erste Werkstätte des Klavierbauers Johann Georg Gröber

Die Sammlung der Tasteninstrumente enthält an die 30 Klaviere. Neben unbezeichneten Klavichorden und Tafelklavieren aus dem 18. Jahrhundert, sind es vor allem Instrumente aus tirolischer Tradition, wie das Unikat eines Flügels von Matthias Weber aus Oberperfuß, der aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt und leider nur sehr fragmentarisch erhalten blieb oder Klaviere verschiedener Generationen der in Innsbruck tätigen Familie Mohrherr. Eine Besonderheit auf Grund des guten Erhaltungszustandes, der Seltenheit und der Spielbarkeit ist der Hammerflügel von Johann Georg Gröber (1775-1849). Gröber stammt aus Pettneu am Arlberg und verbrachte seine Lehrjahre bis 1805 in Wien beim berühmten Hoforgelbauer und Instrumentenmacher Ignaz Kober (1755-1813). Der Legende nach soll er auch mit Beethoven bekannt geworden sein, der sich sein Klavier angeblich nur vom "schwarzen Tiroler" stimmen lassen wollte. Von 1806 bis zu seinem Tod war Gröber in Innsbruck als "Fortepianomacher" tätig.

Das Instrument des Ferdinandeums repräsentiert Gröbers ausgereiftes Modell, das er "nach dem letzten Wiener Geschmack" verfertigt hat, wie er seine Flügel um diese Zeit selbst in Zeitungen annoncierte. Modern ist vor allem die Beschränkung auf zwei Pedale, die nicht wie bei allen früher bekannten Klavieren Gröbers als Kniepedalkonstruktion ausgeführt sind, sondern als Pedallyra. Weitere Hammerflügel Gröbers haben sich erhalten im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg - erworben 1956 vom Bischöflichen Diözesanmuseum in Brixen - , ein "Grand Piano" in der Instrumentensammlung der Yale-University und ein besonders prachtvoller, in allen Teilen originaler Hammerflügel aus dem Jahr 1814 auf der Churburg bei Schluderns in Südtirol. Dieser kostbare Flügel hat noch fünf Kniepedale, während mit dem ungefähr ein Jahrzehnt später gebauten Instrument des Ferdinandeums offensichtlich Gröbers Neukonstruktion der Fußpedale und deren Beschränkung auf Dämpfung und Verschiebung einsetzt. Einige wenige Hammerflügel Gröbers befinden sich in Privatbesitz.

Johann Georg Gröber,
Hammerflügel,
Innsbruck um 1825
Inv.-Nr. 271

Der Großteil der historischen Klaviere, darunter Instrumente so bekannter Klavierbauerfamilien wie Warth in Untertürkheim, um 1770, Kaim in Kirchheim, 1808, Pfeifer in Göggingen bei Augsburg, um 1785 sowie Johann Matthias Schmahl in Ulm, um 1770, kamen über eine Stiftung und auf Umwegen in die Sammlung des Ferdinandeums. Im Jahr 1917 hatte Carl A. Pfeifer, der damalige Inhaber der "Hof-Flügel- u. Pianino-Fabrik" in Stuttgart, dem Ferdinandeum wertvolle Tasteninstrumente gestiftet mit der Auflage, dass dem Stifter dafür der Titel eines "Kaiserlich Oesterreichischen und Königlich Ungarischen Hoflieferanten" verliehen wird. Der Vorstand des Ferdinandeums reichte beim Obersthofmeisteramt in Wien ein entsprechendes Gesuch um diesen Hoftitel ein, erhielt aber 1918 trotz weiterer Bemühungen eine Absage. Daraufhin übergab Pfeifer die wegen Platzmangel nicht im Ferdinandeum deponierten, sondern im benachbarten Musikvereinsgebäude (heute Konservatorium) eingelagerten Musikinstrumente dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Innsbruck. Von dort kam die Sammlung, darunter das kostbare Tafelklavier von Kulmbach und der prachtvoll verzierte Hammerflügel von Conrad Graf 1969, vermutlich auf Veranlassung von Univ.-Prof. Walter Senn, an seinen ursprünglichen Bestimmungsort. Beide genannten Instrumente wurden in der Folge sorgfältig restauriert und in zahlreichen Konzerten und auf CDs klingend vorgestellt.
Das Tafelklavier Ludwig Kulmbachs (1790-1855) stammt aus der Zeit um 1825 und ist eines der wenigen erhaltenen und spielbaren Klaviere des Heilbronner Meisters. Die Signatur "L. Kulmbach / in Heilbronn a / N." ist auf einem langovalen Emailschildchen oberhalb der Klaviatur angebracht. Das Korpus ist in Nuss furniert; die Untertasten sind aus Elfenbein, die Obertasten aus Ebenholz. Am Korpus befestigt ist ein zusammenlegbares Fächer-Notenpult; links und rechts seitlich bei der Tastatur sind zwei Leuchterhalter mit Messinghülsen befestigt. Bemerkenswert sind die beiden Kniedrücker für die Dämpfung und den Pianozug. Das Instrument hat einen lieblich zarten Klang von warmer Fülle mit einer beachtlichen Klangfarbenpalette. Der Tonumfang beträgt 6 Oktaven und einen Ton von F1 - g4 (F1-C einfache Saiten, Cis-g4 doppelchörig). Das Klavier hat Wiener Mechanik, die Besaitung ist schräg laufend. 1981 wurde das Instrument im Auftrag des ORF/Studio Tirol von der Wiener Spezialwerkstätte für historische Tasteninstrumente A. Watzek zur Gänze zerlegt und gereinigt. Beschädigte Teile wurden erneuert, die Originalsubstanz blieb jedoch weitgehend erhalten, so dass es für Projekte historischer Aufführungspraxis im Rundfunk und bei Konzerten wiederholt eingesetzt wurde. 1996 erschien in der Reihe "Musikinstrumente des Ferdinandeums" eine erste Klangmonographie als Denkmal für Ludwig Kulmbachs Kunsthandwerk.

Ludwig Kulmbach,
Tafelklavier (Hammerklavier),
Heilbronn a.N. um 1825
Inv.-Nr. 240

Noch weit mehr in Konzerten eingesetzt wurde der herrliche Hammerflügel Conrad Grafs (1782-1851), der als Opus 2008 um 1838 in Wien gebaut wurde. Er ist das meistgebrauchte und somit bekannteste Instrument der Musiksammlung des Ferdinandeums geworden. In vielen Konzerten hat der träumerisch weiche, verschleierte, wundersam poetische Klang von ganz besonderer Fülle und Schönheit die Besucher bezaubert; akustisch ist dieses prachtvolle Meisterinstrument oftmals auf unseren CD-Produktionen dokumentiert, z.B. mit Schuberts "Winterreise" (Musikinstrumente des Ferdinandeums 2) oder mit zahlreichen Klavierwerken Tiroler Komponisten.
Der Hammerflügel von Graf entspricht in seiner Bauart völlig jenem Instrument, das der Meister Clara Wieck 1839 anlässlich ihrer Verlobung mit Robert Schumann geschenkt hat - es ist gewissermaßen der Prototyp für Grafs erlesenes Spätwerk.
Auch nach seiner sorgfältigen Restaurierung ist der Hammerflügel noch weitgehend im Originalzustand verblieben und so weltweit eines der besterhaltenen und schönsten Instrumente des berühmten Wiener Instrumentenbauers.

Conrad Graf, Hammerflügel, Wien um 1838; Inv.-Nr. 239